Zang-Fu-Funktionskreis

Erde

Magen — Wei (Fu-Organ)

Funktionen:

• Absenken des Qi
• Ursprung der Säfte

Der Funktionskreis des Magens ist der Yang-Anteil des Funktionskreises der Milz. Er spiegelt die Grundaufgabe des Funktionskreises der Milz klar, indem er für die Aufnahme der Nahrung und ihre Aufspaltung in verwertbare und nicht direkt verwertbare Anteile verantwortlich ist.

Er hat eine Art Sonderstellung innerhalb der Yang-Funktionskreise. Wie kein anderer Yang-Funktionskreis unterstützt er die Funktion des Yin-Anteils, des Funktionskreises der Milz. Deshalb heisst es in den klassischen Texten, die Funktionskreise der Milz und des Magens seien die Quelle der Gesundheit.

Im Funktionsbeis des Magens wird die Nahrung aufgeschlossen in einem Vorgang, den das Nan Jing als Faulen und Reifen bezeichnet. Das Bild, das hier verwendet wird, stammt aus den Fermentationsvorgängen bei der Herstellung hochprozentiger Starkbiere, die man bei uns fälschlicherweise als Reis oder Hirsewein bezeichnet. Erst wenn der Nahrungsbrei so vorbereitet ist, kann der Funktionskreis der Milz seine trennende Funktion und den Transport der Feinstteile einleiten. Nach dieser ersten Fraktion wird der Rest an den Funktionskreis des Dünndarms zur weiteren Aufbereitung weitergegeben.

Der Funktionskreis des Magens ist auch eine Art Zwischenspeicher für das, was im Moment an Nahrung aber auch an Gefühlsäusserungen nicht verwertet werden kann.

Weil der Funktionskreis des Magens die Gewinnung des Gu Qi vorbereitet, gilt er als Wurzel des Hou Tian Zhi Jing. Das Magen-Qi ist die Voraussetzung, dass der Körper überhaupt funktionieren kann. Dies bedeutet, dass die Verdauung funktionieren muss, damit der Organismus gut versorgt wird. In den klassischen Schriften wird deshalb immer wieder die Bedeutung des Funktionskreises des Magens betont. Besonders für die Prognose ist der Zustand des Magen-Qi sehr wichtig, denn ohne ein intaktes Magen-Qi werden die übrigen 

Funktionskreise schlecht versorgt und haben damit schlechte Voraussetzungen sich zu erholen. Der Magenfunktionskreis ist mit beteiligt am Transport der Teile, die aus der Nahrung aufgeschlossen werden. Wie eben erwähnt müssen diese Teile bis in die Extremitäten verfrachtet werden. In diesem Punkt ist eine klare Trennung der Aufgaben von Funktionskreis der Milz und Funktionskreis des Magens nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Therapeutisch ist die Tatsache wichtig, dass man einen allgemeinen Mangel an Qi zuallererst über eine Stärkung des Funktionskreises des Magens angehen sollte. Konkret ist damit auch wieder die Bedeutung einer ausgeglichenen Ernährung oder einer Diät betont. Das Magen-Qi hilft generell, dass das Qi die Funktionskreise erreicht. Deshalb ist der Zustand des Magen-Qi über den Puls leicht zu erfahren, denn dort lässt sich der Qi-Level jedes Funktionskreises feststellen. Indirekt erfahren wir also, inwiefern das Magen-Qi ausreichend ist oder nicht. Ein regelmässiger, nicht zu starker und nicht zu schwacher Puls deutet auf ein intaktes Magen-Qi.

Der Funktionskreis des Magens ist die erste Instanz, die der Nahrung Säfte entzieht und gilt aus diesem Grunde als Ursprung der Säfte ganz allgemein. Andererseits ist der Funktionskreis des Magens sehr anfällig auf Trockenheit. Er bedarf der ständigen Befeuchtung vorab über die Nahrung. Diese Flüssigkeit braucht er für den Vorgang der Aufschliessung der Nahrung. Chinesische Autoren bemerken vergleichend, dass zur Extraktion der Wirkstoffe aus den Arzneimitteln auch eine Menge Flüssigkeit notwendig sei. Wenn im Funktionskreis des Magens zu wenig Säfte vorhanden sind, versucht sich der Körper selbst zu helfen über vermehrten Durst. Eine zu geringe Befeuchtung des Funktionskreises des Magens führt umgehend zu Hitze-Zeichen. Da die Verwertung von Nahrung viel Flüssigkeit benötigt, raten die chinesischen Ärzte von grossen Mahlzeiten am Abend ab, da ein Säftemangel in der Nacht nicht kompensiert werden kann.

Über den Säftehaushalt hat der Funktionskreis des Magens eine Verbindung mit dem Funktionskreis der Niere, der für die Umwandlung der Säfte im unteren Calorium verantwortlich ist. Störungen der beiden Funktionskreise beeinflussen einander wechselseitig.

Feuchtigkeit, die im Funktionskreis des Magens gebildet wird, steigt aber auch hoch und lagert sich auf der Zunge ab und bildet den Zungenbelag. Was wir mit dem Zungenbelag beurteilen, ist letztlich der Zustand des Magen-Qi. Da aber der Funktionskreis des Magens mit allen andern Funktionskreise über das Magen-Qi in direkter Verbindung steht, liefert der Zungenbelag wiederum indirekt Angaben über deren Zustand. Die Aussagen, die die Zungendiagnose liefert, sind von hoher Präzision. Physiologisch ist beim Erwachsenen ein dünner, weisslicher Zungenbelag. Störungen infolge von Angriffen pathogener Agenzien erreichen immer auch den Funktionskreis des Magens. Dies ermöglicht dann auch, diese Agenzien über die Zunge zu bestimmen. So weist etwa ein gelber, dicker Zungenbelag auf Hitze, ein bräunlicher auf Glut etc.

Der Funktionsbeis des Magens hat viel Yin-Funktionen zu tun (Ursprung der Säfte, liebt die Feuchtigkeit, etc.). Der Funktionskreis der Milz hingegen übernimmt manche Funktion, die man eher der Yang-Seite zuordnen möchte (Aufsteigen, Transport, liebt Trockenheit etc.). Ausdruck findet dies auch darin, dass der Funktionskreis des Magens seine Leitbahn auf der Bauchseite hat, also in einem Yin-Bereich.
Das Magen-Qi sollte unter normalen Voraussetzungen 

hinabführen, während das Qi der Milz aufsteigt. Der Nahrungsbrei soll aus dem Funktionskreis des Magens nach unten zur weiteren Verarbeitung weitergegeben werden. Ist das Magen-Qi gestört, kann dieser Vorgang nicht geschehen und der Nahrungsbrei bleibt in der Mitte liegen. Dies führt in der Folge zu einer Fülle im Magen und das Qi sucht sich einen Weg nach oben. Steigt das Magen-Qi auf, kommt es zu Aufstossen, Übersäuerung, Übelkeit oder Erbrechen. Ist die Magenfunktion gestört, kann die Verdauung nicht richtig funktionieren und der Körper wird nicht ausreichend mit Betriebsstoffen versorgt.
Ursache einer mangelhaften Funktion des Funktionskreises des Magens kann eine fehlende Unterstützung aus dem Funktionskreis der Leber sein, der die absenkende Funktion des Funktionskreises des Magens unterstützen soll.
Als Pathologie steht replete Hitze im Vordergrund, eine direkte Folge ungenügenden Absinkens des Magen-Qi. Im Darmbereich fehlen dann die Säfte und es entsteht Obstipation.
Der Funktionskreis des Magens hat auch eine psychische Dimension. Da er besonders anfällig ist auf Trockenheit und Hitze, treten bei einer Belastung des Funktionskreises Hitzesymptome auf. Diese äussern sich als manische Symptome: Der Patient schliesst sich zu Hause ein, erträgt Gesellschaft nicht, spricht mit sich selbst, rast herum und wird sogar gewalttätig.

Die funktionskreistypischen Träume sind nach dem Ling Shu reine Wunscherfüllungen: der Patient träumt davon, sich den Bauch vollzuschlagen.

Hohl-Fu-Organ

Der Magen-Meridian gehört zu den sogenannten Fu-Organen.
Fu kann übersetzt werden als Palast, Regierungssitz oder Verwaltungszentrum. Das chinesische Schriftzeichen für Fu beinhaltet “Fleisch” und “Regierungspalast”. Unterschieden werden sechs Hohlorgane (Liu Fu): Dünndarm (Xiao Chiang), Dickdarm (Da Chang), Harnblase (Pang Guang), Magen (Wei), Gallenblase (Dan). Sie schließen auch den San Jiao mit ein.

Die Fu-Organe sind hohl und verantwortlich für die Aufnahme und 

Speicherung von Nahrung und Flüssigkeiten, für die  Weiterleitung und Absorption der Umwandlungsprodukte sowie für die Ausscheidung der Abfallprodukte. Die Fu werden ständig gefüllt und wieder geleert und haben eine den Zang-Organen zu- und von ihnen ableitende Funktion. Sie gehören in Relation zu den Zang-Organen eher zum Yang-Aspekt des Körpers. In der Therapie ist es oft wichtig, die Fu-Organe für ihre Funktion wieder durchgängig zu machen und zu halten.

Zuordnungen

Wandlungsreich: Erde
Himmelsrichtung: Mitte
Geschmacksrichtung: süß
Jahreszeit: Mittsommer
Umwandlung: Reife
Tageszeit: Nachmittag
Witterung: Feuchtigkeit
Wandlungsphase: Yangming
Zang-(Yin / Speicher-)Organ: Milz
Fu-(Yang- / Hohl-)Organ: Magen
Sinne: schmecken
Sinnesorgan: Zunge
Körpergewebe: Muskeln
Emotion: Verlangen
Körperflüssigkeit: Speichel
Lautäußerung: singen

Organuhr

7 bis 9 Uhr – Magenmeridian (Yang) – Erde
9 bis 11 Uhr – Milzmeridian (Yin) – Erde